IG Gewerbe

Divers, open for all gender, rassismuskritisch, innovativ

Götz Weisener sprach mit Anna Hennecke, zuständig für Projekt- und Kulturmanagement beim Lukulule e. V., über die Standortwahl, zukünftige Projekte und die Wertewelt des Vereins.

Wann wurde der Lukulule e. V. gegründet und wie kam es zu der Namenskreation?

Lukulule wurde zunächst 1999 unter dem Namen HPH (Human private House) gegründet und wurde 2004 in Lukulule e.V. umbenannt. Bei der Vereinsgründung schrieb das Gründungsteam die Präambel für die Vereinssatzung. Dort stand der Satz „Wir möchten durch die Lust an Kunst die Lust am Leben fördern. So wurde der Vorschlag geboren, den Verein einfach genauso zu nennen: LuKuLuLe - Lust an Kunst, Lust am Leben.

Wie kann es zu dem Standort Oberhafen und was waren die Hauptgründe für die Auswahl?

Wir haben nach einem neutralen Boden gesucht. Ein Ort der von allen jungen Menschen gut erreichbar ist. Da unser Klientel/unsere Zielgruppe wirklich aus allen Stadtteilen Hamburgs kommt, war es wichtig einen zentralen und gut erreichbaren Ort zu finden. Gleichzeitig fanden wir attraktiv, dass der Oberhafen als Teil eines noch im Entstehen befindlichen Stadtteils HafenCity und auch als Teil des Stadtteils Hamburg-Mitte, der sehr vielfältig ist, quasi neutraler Boden ist. Der Oberhafen als KreativQuartier mit vielen Playern, die offen für Neues sind und auch gerade dabei sind sich zu definieren und Existenzen aufzubauen, empfinden wir uns hier in guter Gesellschaft! Wir sind in guter Nachbarschaft mit der Filmfabrique, Set it on, der Halle Parkour Creation Center und vielen weitern Nachbar*innen, mit denen wir zum Teil zusammenarbeiten und uns gegenseitig in kreativen und organisatorischen Prozessen unterstützen. Wir gehören hier her, weil wir die neue junge Kultur der Stadt abbilden.

Was muss man sich kurz gesagt unter einem Zentrum für "Urbane Jugendkultur" vorstellen?

Das Zentrum für urbane Jugendkünste soll ein kreativer Anziehungspunkt für Kinder, Jugendliche und angehende Künstler*innen sein. In Frankreich gibt es die Centre social et culturel in jeder größeren Stadt: Sie sind eine der wichtigsten kulturellen Player der Stadt. Eine Mischung aus Jugendzentrum, Sozialarbeit, großer Theaterbühne/Konzertsälen und Kreativ-Räumen wie Tonstudios, Tanzräumen und Ateliers. Ungefähr so können Sie sich unser Zentrum für urbane Jugendkultur vorstellen: Bei uns wird es einen Empfangstresen geben, einen großen Tanzraum der zu einer Bühne verwandelt werden kann, ein professionell betriebenes Tonstudio, einen Aufenthaltsraum, einen Kreativ-Raum sowie unsere Büros. Hier wird gearbeitet, getanzt, gelacht, entworfen, sinniert, geprobt und aufgenommen. Die Architektur betont die Offenheit, Transparenz und Präsenz unseres Schaffens mitten in der City, die Räume und Außenwände sind voll verglast: Ein offener Raum für Kinder und Jugendliche, ein sozialer Lernort, ein Raum für Familie. Unter urbaner Jugendkultur verstehen wir alles was junge urbane Menschen von heute interessiert und zur Kreativität anregt, ob Musik und Gesang, Theater und Tanz oder bildende Kunst.

War der Verein schon immer in dieser Halle und wann wird sie fertig sein?

Nein, Lukulule hat eine lange bewegte Geschichte hinter sich. Angefangen in einem Café in der Sternschanze, über eine Lukulule-Etage in der Heinrichstraße, gab es viele Orte in der Stadt, die von den Luku-Kids bespielt worden sind. Seit 2016 sitzen wir nun in der Alten Bahnmeisterei im Oberhafen mit 2 Büros und 2 Übungsräumen. Als wir von der freien Halle 4.26 erfuhren, witterten wir unsere Chance. Die Konzepte für ein urbanes Jugendzentrum lagen schon seit längerem in einer Schublade und wurden nun schwungvoll hervorgezerrt! Das ist unsere Vision, von der wir schon lange geträumt haben! Die Halle wird voraussichtlich Mitte/Ende des Jahres 2021 fertig sein.

Richten sich die Kurse und Projekte an alle Jugendliche oder gibt es "Auswahlkriterien" (z.B. Alter, Migrationshintergrund, soziale Herkunft etc.)? (ggf. Wartelisten…)

Die Kurse richten sich an alle Kinder und Jugendliche. Es gibt keine Auswahlkriterien. Wir haben Kurse die speziell auf bestimmte Altersgruppen und verschiedenen Interessen abgestimmt sind: Von den Piccolinos (2-4 und 4-6 Jahre) über das Bandcoaching-Projekt (10-13 Jahre) über die HopTeenz (12-14 Jahre) oder die Voguing Classes mit Teilnehmenden zwischen 16-23 Jahre bis hin zu dem jungen Kurator*innen-Team von FORMATION**NOW - einst Luku-Kids, heute angehende Künstler*innen, die schon ordentlich mitmischen in der kulturellen Szene Hamburgs - ist das Angebot offen für alle. Gleichzeitig ist uns bewusst, dass wir bessere Bedingungen schaffen müssen, um wirklich offen für alle zu sein. Deshalb entwickeln wir gerade ein Konzept Lukulule so umzustrukturieren, dass Kinder und Jugendliche im Autismus-Spektrum ebenfalls Freizeitangebote vorfinden. Außerdem wird die neue Halle barrierefrei sein und eine neue Homepage auch in einfacher Sprache ist geplant. Wir lernen nie aus und stehen im ständigen Austausch darüber mit unseren Teamer*innen teilnehmenden Kindern und Jugendlichen.

Wir hätten gern einen kurzen Querschnitt über alle anstehenden Projekte und die Funktion des Oldtimerbusses.

Unser nächstes Projekt ist ein großes Sommerferienprogramm im Oberhafen! Da unser alljährliches Sommeferiencamp auf Föhr auf Grund von Corona ausfallen muss, haben wir uns was Großartiges überlegt: Den gesamten Juli wird es hier im Oberhafen Workshops für Kinder und Jugendliche geben: Singen und bewegen mit den Piccolinos, unseren kleinsten Teilnehmenden, Beats bauen mit Musik Apps für 10-14jährige, einen Tanzkurs für Kinder und ihre Eltern/Bezugspersonen und den beliebten Shea Butter Loves Me Kurs, wo Kinder ab 10 Jahre ihre eigenen Cremes herstellen können und viele weitere Workshops sind geplant. Gekrönt wird das Ganze mit einem grandiosen Kinderfestival mit Kinderbuchlesung, Puppentheater und Werkschauen aus den Workshops in der Materialverwaltung: hafen(b)engel - das 72H Kinderfestival. Das genaue Programm werden wir bald veröffentlichen, also freut euch auf einen heißen Sommer!

Lukulule hat derzeit 8 aktive Kurse, von denen ich bereits einige in der vorherigen Frage aufgezählt habe. Darüber hinaus haben wir noch eine solche Vielzahl von Projekten, dass ich dafür gerne auf unseren letzten Newsletter verweisen möchte, dieser ist auf unserer Homepage lukulule.de verlinkt. Außerdem können sich Interessierte dort gerne für ein Abo eintragen. Nur ein Herzensprojekt möchte ich beispielhaft erwähnen: der Snipped!Bus. Ein charmanter Oldtimer, der zu einem mobilen Tonstudio ausgebaut wird. Die Planungen für den Innenausbau laufen auf Hochtouren. Wenn die jungen Menschen (pandemiebedingt oder aus anderen Gründen) nicht zu uns kommen können, kommen wir eben zu ihnen. Mit diesem ausgebauten Bus als mobiles Tonstudio, Bühne und Ort um kreativ zu werden, können wir mit Jugendhäusern, Schulen und anderen Jugendeinrichtungen kooperieren. Wir können in ihre Stadtteile fahren und ein bisschen Luku:Spirit zu ihnen bringen. Außerdem steht diesen Sommer die neue Ausgabe von dem multidisziplinären Jugendkulturfestival FORMATION**NOW an, welches im August 2021 stattfinden soll, mehr infos dazu auf formationnow.de

Gibt es eine formulierte Wertewelt?

„Lukulule ist Heimat für Kunst und Kultur, für Familie und Freunde, ein Zufluchtsort gefüllt mit Spaß und Verständnis. Es ist der sichere Hafen für alle mit Leidenschaft zur Musik und dem Leben. Es ist das Drahtseil, das die jugendlichen Lebensakrobaten hält und sie zu ihren Träumen tanzen lässt." (Philipp, seit 11 Jahren bei Lukulule) Soziale, ethnische oder religiöse Barrieren überwinden, Talente entdecken, Leidenschaften fördern – all das und noch viel mehr ist Lukulule. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene haben hier die Möglichkeit, regelmäßige Kurse und Workshops zu besuchen oder sich in eins der jährlichen Großprojekte einzubringen. Sie finden hier nicht nur Anerkennung für ihre künstlerische Arbeit, sondern auch eine zweite Familie, Freunde und Vorbilder, die sie so akzeptieren, wie sie sind – Lukulule versteht sich auch als Labor einer toleranten, inklusiven Gesellschaft von morgen.
Unsere Werte sind:
C reativity
A rt
R espect
E mpowerment

Wie hat sich Corona auf den Gesamtbetrieb ausgewirkt? Es wird viel virtuell aufrechterhalten, nicht?

Natürlich hat die Pandemie enorme Auswirkungen auf unseren Betrieb. Trotzdem haben wir versucht fast alle Kurse und Projekte aufrecht zu erhalten. Die Kinder und Jugendlichen wurden kreativ, die Teamer*innen entdeckten ungeahnte YouTube Talente und entwarfen Lehrvideos oder neue Unterrichtsmethoden via Zoom. Zu Weihnachten gab es ein digitales Zusammenkommen mit verschicktem Tee und Grußkarte, doch ersetzen kann das den realen Austausch nicht. Es ist ein Vehikel mit dem wir in Zeiten der Krise erstaunlich gut arbeiten konnten und bewiesen haben dass wir uns von nichts und niemanden davon abhalten lassen kreativ zu werden. Trotzdem konnten wir natürlich nur sehr bedingt neue Mitglieder werben und unsere Messages nach außen tragen. Die Bühnen fehlten, die Diskussion und das Zusammenkommen fehlten und wir entwickeln gerade Strategien, wie wir dieses Zusammenkommen in diesem Sommer draußen unter Corona-Bedingungen stattfinden lassen können, denn wir sind ausgehungert nach Begegnung, nach realen Austausch, nach Räumen des Zusammenkommens!

Was für eine Entwicklung wünscht sich der Verein für die HafenCity und speziell für den Oberhafen?

Divers, open for all gender, rassismuskritisch, innovativ. Ein Ort des Zusammenkommen, kreativ Werdens, des Lachens, der Geschichten, der Toleranz und des Respekts!

Herzlichen Dank für dieses ausführliche Interview!

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